Autorin: Katharina Bendixen
Titel: Taras Augen
Titel: Taras Augen
Verlag: Mixtvision
Ausgabe: Softcover
Seiten: 370
Buchinfo
Tara und Alún fühlen sich zueinander hingezogen, doch ein Streit
bringt das junge Liebespaar auseinander. Ehe sie sich versöhnen können,
katapultiert eine verheerende Umweltkatastrophe die beiden in einen
Ausnahmezustand. Während Alún in der Großstadt bleibt und sich sich mit
seiner Street-Art fast um Kopf und Kragen zeichnet, kehrt Tara in das
verseuchte Gebiet zurück und schwimmt um ihr Leben. Sie durchleben jede
Menge Selbstzweifel und Eifersucht, Täuschung und Enttäuschung, erleben
aber auch Freundschaft, Liebe und Hoffnung. Werden die beiden
Jugendlichen wieder zueinanderfinden? (Quelle: Lovelybooks)
Anfang
Die Sache ging so schnell, dass ich nicht mehr sagen kann, wo genau wir waren. Unser Bus war auf der Strecke zwischen Rekan und Nipad, das weiß ich noch. Und ich erinnere mich an den Knall. Eigentlich war es kein Knall. Es war eher das laute Stottern, das Mamas Motorsäge von sich gibt, wenn der Akku ausgeht.
Meine Meinung
Als Tara und Tulip auf dem Weg zum Training ins Schwimmbad sind, kommt der Verkehr plötzlich zum Erliegen. Eine schwarze Wolke erscheint am Himmel und niemand weiß so recht, was es damit auf sich hat. Es gab einen Unfall mit verherenden Folgen. Aus einer Chemiefabrik treten Stoffe aus, die die ganze Stadt unbewohnbar machen.
Fünf Monate später kehren Tara und ihre Familie an den Unglücksort zurück. Sie sind die ersten Rückkehrer, die sich wieder in der Gelben Zone niederlassen. Doch warum brennt dann Licht in Alúns Zimmer, mit dem Tara so viele Jahre befreundet war und seit Langem so zerstritten ist? Warum hat die Regierung die Stadt nicht aufgeräumt und die Straßen repariert? Warum fliegen keine Watcher-Drohnen am Himmel? Und warum hat die Nachbarskatze so merkwürdige Augen?
Prinzipiell will ich gar nicht viel erzählen, um nicht unnötig zu spoilern. Auf der anderen Seite möchte ich aber so viel zu dem Buch sagen - aber das würde euch vermutlich den Spaß am Lesen nehmen. Ich versuche mich also zurückzuhalten.
Manchmal mag man plötzlich Leute, denen man eigentlich die kalte Schulter zeigen wollte, weil sie sich, ohne zu fragen, in einem Zimmer einquartiert haben, das man für heilig hielt. (Seite 101)
Nachdem Tara und ihre Familie zurück sind, trudeln immer mehr Menschen ein und auch einige Jugendliche sind dabei. Da es in der Gelben Zone keine Schule gibt und die Bewohner auch nicht raus dürfen, erhalten sie die Unterrichtsmaterialien auf ihre SigPhones (eine Mischung aus Smartphone und Ortungsgerät, über das auch die Bezahlung läuft - in dem Buch ist die Digitalisierung mehr als fortgeschritten)...doch sind wir mal ehrlich...welcher Tennager würde denn Hausaufgaben machen, wenn es keiner kontolliert und die Aussichten auf eine berufliche Zukunft sowieso eher mau sind? Richtig, niemand. Also dümpeln die Jugendlichen so vor sich hin und leben in den Tag hinein.
Ganz anders sieht es da in Tonfato aus. Das ist die Großstadt, in der alle Nicht-Rückkehrer bleiben. Dort organisieren die Jugendliche stille Proteste und verschönern die Stadt (zumindest zeitweise) mit illegaler Streetart. Die Digitalisierung und der Überwachungsstaat machen es ihnen da nicht gerade leicht. Das weiß auch Alún und trotzdem kann er nicht damit aufhören, die Stadt mit Fliesen zu bekleben, die alle das gleiche Motiv haben...
Kann man ein Mädchen lieben, das man seit acht Monaten nicht gesehen hat? Ein Mädchen, mit dem man über ein Jahr nicht gesprochen hat? Ist dieses Flattern in meinem Bauch überhaupt Liebe oder ist es nur eine Erinnerung? (Seite 180)
Die ganze Zeit über hatte ich drei Fragen.
- Was genau ist bei dem Unfall passiert?
- Ist es nicht schädlich, nach fünf Monaten in ein verseuchtes Gebiet zu ziehen?
- Was ist zwischen Tara und Alún vorgefallen, dass sie nicht mehr befreundet sein können?
Und genau hier liegt auch mein einziger Kritikpunkt. Das Buch wäre für mich definitiv ein 5-Sterne-Buch gewesen, wenn der Epilog nicht gewesen wäre. Hätte das Buch einfach mit der eigentlichen Geschichte geendet, wäre es zwar ein offenes Ende gewesen, aber ich als Leserin hätte mir meine eigenen Gedanken dazu gemacht.
Nach dem Epilog haben sich etwa drölfhundert neue Fragen in meinem Kopf gebildet, von der nicht eine auch nur im Ansatz beantwortet wird. Soweit ich weiß, sollte dies ein Einzelband sein. Wenn dem wirklich so ist, dann hat die Autorin mit dem Epilog leider alles verkackt (ich muss es einfach so sagen). Sollte es aber doch noch einen zweiten Band geben, hat sie einen ziemlich gemeinen Ciffhanger geschrieben. Wenn dies der Fall ist, hoffe ich, dass das nächste Buch nicht zu lange auf sich warten lässt.
Fazit
Dieses Buch enthält eine
Geschichte, die erstmal relativ oberflächlich wirkt (Noch eine
Jugendbuch-Dystopie? Ist das wirklich nötig?), aber so viel Gesellschaftskritik
enthält und zum Nachdenken anregt.
Am
26. April jährt sich Tschernobyl zum 36. Mal, das Unglück in Fukushima
war am 11. März 11 Jahre her. Hat der Mensch daraus gelernt? Absolut
nicht. In Frankreich kommen 70% des Stroms von 56 Atomkraftwerken und
auch in Deutschland werden noch drei Stück betrieben. Die Auswirkungen
von Tschernobyl waren auch in Deutschland spürbar - also hoffen wir mal,
das nichts mehr passieren wird...sonst sehen wir nämlich ziemlich alt
aus.
Digitalisierung ist gut. Smart Home, Smart TV, Alexa, Licht an und aus durch Spracherkennung, Drohnen die Bilder und Videos aufnehmen können...alles wahnsinnig praktisch und eine Erleichterung für manchen - aber was ist, wenn der Staat diese Dinge gegen dich verwendet? Wenn du mit Drohnen ausspioniert wirst, wenn dein Handy ein Ranking erhält, wordurch du manche Teile der Stadt nicht betreten darfst, oder du plötzlich nichts mehr kaufen kannst, weil jemand diese Funktion auf deinem Handy blockiert?
Wie
kann es sein, dass Menschen in ein Gebiet ziehen müssen, das mit sehr
großer Wahrscheinlichkeit ihrer Gesundheit schaden wird, nur weil sie es
sich nicht leisten können, woanders zu leben? Schau mal raus. Das ist
ein Umstand, der tagtäglich passiert. Menschen leben in
Schimmelwohnungen, oder in eiskalten Zimmern, weil sie sich das Heizen
nicht leisten können. Viel zu viele Menschen haben nicht mal eine
Wohnung und müssen jede Nacht um ihr Leben bangen - mal wegen des
Wetters und mal wegen anderen Menschen, die ihnen nicht gut gesonnen
sind.
Auch
in unserem Gesundheitssystem ist die Zwei-Klassen-Gesellschaft mehr als
sichtbar. Wer es sich nicht leisten kann, bekommt manche Medikamente
nicht. Du hast kein Geld für Verbandsmaterial? Dann muss deine Wunde
wohl offen bleiben.
Natürlich gibt es neben der Kritik an der Gesellschaft und den Dingen zwischen den Zeilen auch noch Themen wie Freundschaft, Liebe, Familie, Ehrlichkeit, Versöhnung und Verrat. Somit dürfte für alle Lesenden etwas dabei sein, was fesselt und interessiert.
Ich danke dem Verlag und Lovelybooks für dieses Leserundenexemplar! Dass mir das Buch
zur Verfügung gestellt wurde beeinflusst weder meine Meinung, noch
meine Bewertung.
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